Lysistrata (oder Lysistrate, wie sie in anderen Übertragungen heißt) bedeutet “die Auflöserin des Heeres”. Die Thematik des Stückes war für das 5. vorchristliche Jahrhundert neu und originell: Athenerinnen, Spartanerinnen und andere Frauen verbünden sich gegen ihre Männer und verweigern sich diesen so lange, bis Frieden geschlossen wird.
Dass diese Thematik vor dem Hintergrund des Peloponnesischen Krieges (431-404 v. Chr.) gesehen werden muss, liegt auf der Hand. “Lysistrata” wurde zu den Lenäen 411 uraufgeführt, also im 20. Jahr des Krieges, in dem es um die Vorherrschaft unter den mächtigsten Stadtstaaten Griechenlands ging. Er hatte schon Unmengen von Geld und viele Menschenleben gekostet. In ständig wechselnden Bündnissen bekämpften einander Athen und Sparta, schlossen Frieden, um ihn kurz darauf wieder zu brechen.
Im Jahr 404 schließlich mussten Athen und der Attische Seebund kapitulieren. Sieger in dieser Auseinandersetzung, die man nach damaligen Begriffen als “Weltkrieg” bezeichnen kann, war allerdings nicht Sparta, sondern – aufgrund geschickter Diplomatie – das Perserreich.

Kommentar Bühne H'stein
"Lysistrata" spielt einerseits auf reale Ereignisse an (z.B. die Vernichtung der athenischen Flotte 413 in Sizilien) und ist andererseits von der Realität so weit abgehoben, dass es als Satire verstanden werden kann. Außerdem ist es eines der ersten Stücke, in dem die Initiative von einer Frau ausgeht. Lysistrata und die ihr gleichgesinnten Frauen sind das Sprachrohr des Dichters, sie transportieren die pazifistische Grundidee des Stückes: Liebe oder Krieg, oder eigentlich: Liebe statt Krieg.
Aristophanes hat mit Lysistrata eine sympathische Heldin geschaffen und sie mit Witz und Verstand ausgestattet. "Ihr braucht nicht Stangen, ihr braucht Verstand!" ruft sie den Männern zu, die die von Frauen besetzte Akropolis stürmen wollen, und "Krieg ist was für Weiber!" Lysistrata führt ihre kleine Schar wehrhafter Frauen nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten an: da werden die alten Männer gekratzt und gebissen und der noble Ratsherr mit Wasser übergossen.
Was die Männer aber ebenso schmerzt wie die sexuelle Verweigerung ist die Tatsache, dass mit der Besetzung der Akropolis auch der Staatsschatz, also die Kriegskasse, in den Händen der Frauen ist: Lysistrata betont immer wieder, dass Vernunft am Ende siegen wird - und sie behält Recht. Dass die Männer ihren Verstand meist zwischen den Beinen tragen, nützt sie für ihren Friedensplan weidlich aus. Wie zeitlos die Kriegsthematik der "Lysistrata" ist, zeigt sich auch daran, dass die Menschheit offensichtlich auch im 20. Jahrhundert noch nicht soweit ist, Konflikte auf friedliche, menschliche Art zu lösen. Immer wieder gibt es sinnlose Kriege, in denen unschuldige Menschen sterben und misshandelt werden.
Man darf die Wirkung des Theaters nicht überschätzen; deshalb darf auch niemand annehmen, dass ein Antikriegsstück (oder ein Antikriegsfilm oder -buch) einen Krieg verhindern kann. Es kann höchstens zum Nachdenken anregen.
"Lysistrata" hat über mehr als zwei Jahrtausende seine Gültigkeit und Faszination behalten. Es ist ein Theaterstück, das auch ohne unmittelbaren Zeit- und Ortsbezug bestehen kann - ein Stück Weltliteratur.
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