Seit Jahren ist der Lechner Edi arbeitslos. Schuld an seiner Misere ist in seinen Augen die Maschine, die ihn in der Schuhfabrik ersetzt hat. Als dieser Elektromotor “Pepi” aber auftaucht, stellt sich heraus, dass auch er bereits einer moderneren Maschine Platz weichen musste. Pepi, Edi und dessen Freundin Fritzi machen sich auf den Weg in die Vergangenheit, um den wahren Schuldigen zu finden. Diese Zeitreise führt sie unter anderem zu Galvani und Kolumbus, letztendlich landen sie im Paradies.
Kommentar Regie
DER SPIELORT:
1919 wurde die Seidenwarenfabrik "Brüder Gierlichs" gegründet, die Produktion erfolgte vorerst in angemieteten Räumen. 1925 nahm man auf dem heutigen Gelände die Herstellung von Kunstseidenstoffen und Krawatten auf, zu Spitzenzeiten waren in der Fabrik 65 Arbeitskräfte beschäftigt. Zu Beginn der Siebzigerjahre war die Firma Gierlichs der erste Heidenreichsteiner Betrieb, der der Krise in der Industrie, speziell der Textilindustrie, im Waldviertel zum Opfer fiel. Am 6. Dezember 1979 kaufte die Firma Möbel Handl den Gebäudekomplex als Lager.
Wir bedanken uns sehr herzlich bei Familie Handl, die uns einen so großartigen Spielort zur Verfügung gestellt hat.
Kommentar Bühne H'stein
Die Uraufführung fand am 6. Oktober 1936 im Theater "Literatur am Naschmarkt" statt (Inszenierung: Walter Engel), der Autor verbarg sich hinter dem Pseudonym Walter West.
DER AUTOR: Obwohl ihm nur wenige Schaffensjahre vergönnt waren, bevor er mit nur 26 Jahren im Konzentrationslager Buchenwald an Typhus starb, ist Jura Soyfer einer der wichtigsten politischen Autoren Osterreichs in diesem Jahrhundert. Das literarische Werk des sozialistischen Autors, der sich nach dem Scheitern des Arbeiteraufstands von 1934 der illegalen kommunistischen Partei anschloss, ist gekennzeichnet vom Widerstand gegen den Faschismus deutscher und österreichischer Prägung.
Soyfers Theaterstücke vereinen auf einzigartige Weise die Tradition des Wiener Volksstücks mit politischen Lehrstücken in der Nachfolge Brechts und zeigen die Schulung ihres Autors an Nestroy und Karl Kraus und seine Nähe zu Odön von Horvath. Trotz ihrer ernsten Themen, der eindringlichen Warnung vor Krieg und Faschismus, zeigen sie sprachlichen Witz und Humor, beißende Satire und große Bühnenwirksamkeit. In seinen literarischen Anfängen verfasste der Sohn eines adligen jüdischen Industriellen, der 1920 mit seiner Familie vor der bolschewistischen Revolution nach Wien geflohen war, noch als Gymnasiast kämpferische Zeitgedichte für die "Arbeiter-Zeitung" sowie satirische Texte fürs Kabarett und politische Agitpropszenen.
Soyfers längere Bühnenarbeiten sind sogenannte "Mittelstücke" in Kabarettprogrammen, die aus thematisch zusammenhängenden Bilderfolgen mit Liedeinlagen bestehen. Sein erstes Mittelstück, "Der Weltuntergang oder Die Welt steht auf kein' Fall mehr lang", das die Menschheit vor der Katastrophe zeigt, wurde 1936 auf der Wiener Kleinbühne ABC uraufgeführt. Im seIben Jahr folgte "Der Lechner Edi schaut ins Paradies" und 1937 "Astoria".
Ebenfalls 1937 wurden "Broadway-Melodie 1492", eine Bearbeitung von Walter Hasenclevers und Kurt Tucholskys "Kolumbus oder Die Entdeckung Amerikas", und "Vineta. Die versunkene Stadt", Soyfers Warnung vor der kommenden Barbarei des Krieges, erstmals gezeigt. Neben seinen Kabarett- und Theaterstücken schrieb Soyfer Kurzprosa sowie Literatur- und Filmkritiken. Bei seinem Fluchtversuch in die Schweiz wurde Soyfer am 13. März 1938, einen Tag nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Osterreich, als rassisch und politisch Verfemter verhaftet. Im Juni wurde er ins Konzentrationslager Dachau deportiert, wo er das berühmte "Dachaulied" schrieb, und im September ins KZ Buchenwald, sein Todeslager, überstellt. Nach dem Krieg war Soyfer in Österreich nahezu unbekannt, und seine Stücke wurden kaum gespielt, obwohl eine Reihe von heute sehr bekannten Persönlichkeiten, wie Otto Tausig, Michael Kehlmann und Helmut Qualtinger, für ihn warben.
Erst Mitte der siebziger Jahre setzte eine Renaissance ein, die u a. 1980 zur Gründung des Jura-Soyfer-Theaters auf dem Spittelberg in Wien führte. In der Tradition Soyfers stehen in Osterreich u. a. Elfriede Jelinek und Peter Turrini. (Harenbergs Schauspielführer)
Besetzung
Edi Lechner (ein Arbeitsloser)
Fritzi (seine Freundin)
Der Elektromotor "Pepi"
Ein blinder Bettler
Toni (Edis verstorbener Freund)
Christoph Columbus
Dr. Galvani
Galileo Galilei
Johann Gutenberg
Der Richter
Der Verteidiger
Ein Matrose
Der Portier des Paradieses
Chor
Chor
Chor
Backstage
Licht
Kostüme
Maske
Regieassistenz
Lenziade 1999
Fotos Gesamt: 71
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